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Raubritter
Reinhard
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aus
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Fährt
man auf der Autobahn von Frankfurt am Main nach Hamburg,
so kommt man kurz hinter Gießen an der Autobahnraststätte
Reinhardshain vorbei. Da es nicht so viele Orte gibt,
die meinen Vornamen enthalten, war ich neugierig und forschte
nach. Dabei stieß ich auf die Sage vom Raubritter
Reinhard.
Er soll im Reinhardswald
gelebt haben, der über 100 Kilometer nördlich
von der Raststätte liegt. Der Reinhardswald ist einer
der größten Wälder Deutschlands und liegt
im Norden von Hessen zwischen Kassel und Bad Karlshafen.
Dort wachsen viele zum Teil uralte Eichen und Buchen.
Das soll aber nicht immer so gewesen sein. Der Sage nach
pflügten und bestellten einst Bauern die sanft gewellte
Ebene.
Es gibt mehrere Sagen darüber,
wie der Reinhardswald entstand und wie er zu seinem Namen
gekommen ist. Mir gefällt die Variante vom Raubritter
am besten. Danach soll dort vor etwa 700 Jahren ein Graf
Reinhard sein Unwesen getrieben haben. Denn König
und Kaiser benötigten zu jener Zeit keine Ritter
mehr, die deswegen bei Kriegseinsätzen keine Beute
mehr machen konnten. Ihrer wichtigsten Einnahmequelle
beraubt, begannen die gepanzerten Adligen eigene Raubzüge.
Sie fielen über Kaufleute her und unterdrückten
die Bauern in ihrem Herrschaftsbereich.
So lebte auch Ritter Reinhard
und raubte, was er kriegen konnte. Auf den Handelswegen
überfiel er die Postkutschen und Kaufmannswagen.
Er übertrieb. Man ergriff ihn, klagte ihn an und
verurteilte ihn zum Tode. Er bettelte und drohte. Raubritter
Reinhard gab nicht auf. Er erreichte schließlich,
dass das Urteil nicht sogleich vollstreckt wurde, sondern
erst, nachdem man seinen letzten Wunsch erfüllte.
Dann solle man ihn hinrichten. Er wünschte, noch
einmal den Boden bestellen zu dürfen, noch einmal
aussäen und ernten zu dürfen. Seines Weibes
und seiner Kinder wegen gestattete man diesen Wunsch.
Listig rettete Graf Reinhard
mit dieser einfachen Bitte sein Leben. Denn er säte
nicht etwa Weizen oder Hafer, was man erwartet hatte.
Verwundert befolgten die Knechte, was der Graf anwies,
und streuten Eicheln aus. So dauerte es Jahrzehnte, bis
die Eichenstämme kräftig und groß genug
für die Ernte waren.
Der einst zum Raubritter
abgerutschte Graf soll in Freiheit alt geworden und eines
natürlichen Todes gestorben sein, ohne die erste
Ernte zu erleben. Denn wegen des Urteils durfte man ihn
nicht vorher hinrichten. Den auf diese Weise entstandenen
Wald benannte man nach ihm Reinhardswald.
Jedes Mal, wenn ich mich
auf der Autobahn dem Rasthof Reinhardshain nähere,
muss ich an meinen Namensvetter Graf Reinhard denken,
der ein klares Ziel vor Augen hatte: er wollte leben.
...
Eine
Geschichte aus meinem Buch:
"Ermunterung ist steuerfrei und andere Geschichten".
Als
Taschenbuch und eBook im Handel.
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Leserstimmen: |
"Ermunterung...
liest sich gut."
- Renate Heidler, 8.2.2018 |
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"Dein
munteres Buch habe ich damals schon erworben, als Du es
erstmals angepriesen hast - heitere Lektüre."
- Dr. François Radzik,
28.12.2017 |
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