Leseprobe
      
 
Nach dem Kino Klimpern
aus

Als kleiner Junge durfte ich nicht immer zum Kino ins Starnitzer Schloss. Die Filme seinen für Kinder verboten, sagte Tante Grete. Ein paar mal bin ich aber doch dort zur Filmvorführung gewesen. Der „Kinofritze“ kam mit dem Film und einem Filmprojektor aus Rathsdamnitz. Meist wurde er von den Starnitzern geholt. Dann versammelten sich alle im großen Saal.
     An eine Filmszene kann ich mich noch gut erinnern. Es war ein Kriegsfilm. Die Handlungen spielten auf hoher See. Kriegsschiffe beschossen sich. Ein großes Schiff wurde versenkt, aber viele Matrosen konnten rechtzeitig in Rettungsboote springen. Sie ruderten zum feindlichen Schiff hinüber und baten um Aufnahme. Der Kapitän ließ keine Strickleiter hinunter, niemand durfte an Bord kommen. Die Matrosen trieben in ihren kleinen Rettungsbooten auf die offene See hinaus.
     Nach dem Kino ging es auf der dunklen Dorfstraße heim. Starnitz hatte damals noch keine Straßenlaternen. Zu Hause hatte meine Großmutter dann meist einen großen Topf Klimpern auf dem Herd, über den wir uns her machten. Manchmal standen die Klimpern auch schon in der großen weißen Porzellanterrine auf dem Tisch. Einen Teller Klimpern vor dem Schlafengehen, es gibt kein besseres Nachtmahl. Ich wurde stets ermahnt, nicht zu viel Zucker hinein zu streuen. Aber ohne Zucker waren sie ungenießbar.

Das Klimpern-Rezept meiner Großmutter

— Mehl mit einer Prise Salz und ein wenig Wasser mischen bis es krümelig wird.
— Milch aufkochen und bei ständigem Rühren die Krümel nacheinander einstreuen. Die Milch kurz aufkochen lassen.
— In Teller portionieren und mit Zucker süßen.


     Im Sommer ging ich oft Sauerampfer auf den Wiesen sammeln. Meine Großmutter bereitete daraus eine herrliche Suppe, die auch kalt schmeckte.
     Häufig aßen wir in der Wohnküche meiner Großmutter Stampfkartoffeln. Heute sagt man Kartoffelpüree. Die Stampfkartoffeln wurden aus frischen Salzkartoffeln zubereitet und in einer großen Schale auf den Tisch gestellt. Mit einem Löffel drückte meine Großmutter Löcher in den Stampfkartoffelberg. Dann goss sie ausgelassenes Fett über den Berg, welches sich in den Löchern fing. Zusätzlich wurde der Kartoffelberg mit Krischeln belegt. Krischel waren kleine, gebratene Schweinebauchscheiben. Vor jeden stellte sie einen tiefen Teller mit warmer Fruchtsuppe. Meistens war die Suppe aus Kirschen, Pflaumen oder Stachelbeeren zubereitet. So löffelte jeder von dem gemeinsamen Stampfkartoffelberg und aus seinem Suppenteller. Die Krischel durften nicht einfach oben abgesammelt werden. Jeder musste sich zu ihnen vorarbeiten, dass heißt, zuvor die Stampfkartoffeln wegessen. Tante Grete wachte streng darüber, das Bruno und Alfred sich an diese Hausordnung hielten. Wenn für die Krischel frisches Fleisch verwendet worden war, mochte ich sie sehr gerne. Doch viel zu oft wurden geräucherte Speckseiten verwendet, dann überließ ich schon mal jemand anderem das erarbeitete Krischelstück.


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© Copyright by Reinhard Staubach - Aktualisiert: Freitag, 09-Aug-2024