Leseproben
      
 
Die bösen Buben
aus
Die Tina ist ein fröhlich Kind.
Zur Schule ging sie frohgesinnt.
Doch dann kam sie nach Haus mit finst’rer Min’,
sie war total verstimmt und aus der Schien’.

Der Vater wundert sich gar sehr,
wo kam der große Wandel her?
Vor einer Woche hat sie noch gelacht,
weil ihr die Schule so viel Freude macht.

»Nun sag schon liebes Kind«,
der Vater das Gespräch beginnt.
»Was ist es, das dich quält,
und dich beinah entseelt?«

Die Tina will nichts sagen, schließt den Mund
als hätte sie Gedächtnisschwund.
Doch Vater fragt ganz ungeniert,
darauf die Tochter explodiert:

»Die bösen Buben ärgern mich,
schon gestern, heute, fürchterlich!
Ganz schlimme Wörter sagen sie,
die hört im Hause man hier nie!«

Die Problematik ist nun laut bekannt,
der Feind akzentuiert genannt.
Die liebe Tochter ist ganz down.
Wie können sich die bösen Jungs getraun?

Ein guter Rat muss her,
doch Vaters Hirn ist plötzlich leer.
Die Tochter braucht doch seinen Schutz,
wie haut er nun am besten auf den Putz?

Er martert sein Gehirn
und kräuselt seine Stirn.
Die bösen Buben sollen fühlen bald,
es regt sich bei ihm Urgewalt.

Soll er die Lehrer bringen flugs auf Trab,
verlangen einen Krisenstab?
Beamte denken klein
und sähen nicht die Pein.

Wenn heimlich hinter Hecken mit viel Wut,
der Vater kennt die Buben gut,
sie seine Tochter mit dem Stock
auflauern nicht nur so zum Schock.

Ein guter Rat muss her.
Das spürt der Vater immer mehr.
Soll er die Buben selber mit der Hand
dort hinter jener Bretterwand...?

Er sucht nach dem bestimmten Platz,
wo er kann rächen seinen Schatz,
will Faustrecht praktizier’n mit starkem Hieb!
Doch, hat man seine Tochter dann noch lieb?

Ein guter Rat muss her.
Der Vater plagt sich immer mehr.
Am nächsten Tag, er ist kein Psychopath,
will Vater präsentieren seinen Rat.

Doch fröhlich kommt die Tina heim,
vom Ärger in der Schule keinen Schein.
Der Vater denkt: Ich bin doch nicht im Schlaf?
Sind nun die bösen Buben brav?

»Mein Augenstern, was ist geschehn?
Ich möcht es gerne auch verstehn.«
Der Vater blickt verwirrt und arg geschasst.
Die Tochter sagt indessen kurz gefasst:

»Nun hab ich keinen Kummer mehr!
Die bösen Buben ärgert’s sehr.
Weißt du, was ich jetzt mach, klipp-klapp?
Ich küsse sie, dann hau’n die ab!«


Für das Gedicht »Die bösen Buben« erhielt
der Autor 2002 den »Bad Wildbader
Kinder- und Jugendliteraturpreis«, Preis der
Stadt Bad Wildbad.


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© Copyright by Reinhard Staubach - Aktualisiert: Freitag, 09-Aug-2024